Im April 2019 organisierte das Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund eine Tagung unter dem Titel “Von der Nachrichtenpräsentation zum Datenjournalismus: Kommunikationsdesign, Nahrichtendesign, Informationsdesign”. Der Beitrag hier ist eine Zusammenfassung meines Vortrages über Trends in Print und Online bei Zeitungen in Europa. Es ist eine erweiterte Fassung des Artikels, der in der Fachzeitschrift “medien&zeit” 1/2020 erschienen ist.
von Norbert Küpper
Abstract
Die Auflage gedruckter Zeitungen ist nahezu überall rückläufig. Statistisch gesehen lesen 14- bis 29jährige nur noch zwei Minuten täglich gedruckte Zeitungen und Zeitschriften. Trotzdem ist die Annahme, dass es bald keine Zeitungen mehr geben wird, falsch, denn junge Leser nutzen 49 Minuten am Tag Online-Inhalte von Zeitungen1. Zeitungen sind denn auch in den meisten digitalen Nachrichtenkanälen erfolgreich und kommen auf hohe Nutzungszahlen. Medienhäuser reagieren auf das veränderte Leserverhalten, indem sie die gedruckte Zeitung mit mehr Hintergrundinformationen versehen und/oder sie zu täglichen Magazinen umwandeln. Methoden der Leseforschung wie ReaderScan, Lesewert oder Blickaufzeichnungstests sind wichtig für die Weiterentwicklung der Zeitungen in Print und Online, weil dadurch das NutzerInnenverhalten erkannt werden kann. Die Zeitung wird zum 24-Stunden-Medium, denn durch Morning-Newsletter, Podcasts und mehrmals tägliche Aktualisierung der News-Websites begleiten sie die NutzerInnen permanent.
Einleitung
Verfolgt man die Entwicklung der Zeitung über mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte, sieht man, dass Zeitungen immer für technische und inhaltliche Innovationen offen waren. Durch das Internet und damit verbunden verändertes Leserverhalten sind Zeitungen heute innovativer als je zuvor.
Voreilige Vorhersage des Zeitungssterbens
In den meisten Ländern der Welt sinkt die Auflage der gedruckten Zeitungen. Auch im deutschen Sprachraum ist das bis auf wenige Ausnahmen so. In Deutschland sank die Auflage der gedruckten Zeitungen von 27,3 Millionen im Jahr 1991 auf 13,5 Millionen im Jahr 20192. Daraus folgern Kritiker, dass es mit den Zeitungen bald zu Ende ist. Das ist jedoch ein Irrtum, denn die Zeitungsinhalte werden nach wie vor konsumiert, sogar mit einer höheren Reichweite als früher. Denn Zeitungen sind natürlich nicht nur gedruckt, sondern auch Online auf allen denkbaren Nachrichtenkanälen aktiv. Leser wechseln mehr und mehr von der gedruckten Zeitung zu deren Online-Angeboten. Zeitungen sind aber auch auf Facebook, Twitter und anderen Social-Media-Kanälen erfolgreich, denn sie werden dort gerne genutzt und Zeitungs-Inhalte werden geteilt. Darum bezeichnen sich viele Verlage heute als Medienhäuser und nicht nur als Zeitungsverlage.
Wenn man sieht, welche Zeitungen heute Erfolg haben, dann kommt man auf die New York Times, die Washington Post und die Financial Times in London. Diese Zeitungen haben gemeinsam, dass sie als seriöse Nachrichtenquelle bekannt sind und auch international in Print und Online genutzt werden. Die New York Times verbuchte 2019 beispielsweise mehr als eine Million neue Digitalabonnenten3. Einer der wichtigsten Gründe für den Erfolg: Diese Zeitungen haben Inhalte, die man in anderen Medien so nicht findet.
Exklusivität ist wichtig, denn Menschen sind neugierig. Umgekehrt: wer keine Neuigkeiten hat, der bekommt Probleme. Daher hat es für Zeitungen wenig Sinn, die Nachricht, die viele Nutzer gestern auf dem Smartphone gelesen haben, einen Tag später noch einmal auf Papier zu drucken. In die Tageszeitungen müssen somit frische Inhalte, die unabhängig sind vom täglichen Strom der Nachrichten-Agenturen. Exklusive Inhalte in leserfreundlicher Gestaltung sind erforderlich für die gedruckte Zeitung. Es gehört aber auch nach wie vor zum Nachrichten-Geschäft, dass Zeitungen aktuelle Themen aufgreifen und vertieft berichten.
Die aktuellen Trends beruhen größtenteils auf Leseforschung
Leseforschung bestätigt die aktuellen Trends und hat sie teilweise ausgelöst. Die Forschungsmethoden „Reader-Scan“ und neuerdings „Lesewert“ zeigen, dass lange Artikel durchaus gelesen werden4. Zitat: „Lange Texte von 150 Zeilen und mehr haben den höchsten Lesewert.“ Das bedeutet, sie werden innerhalb einer Zeitung am meisten genutzt. Bei den Forschungsmethoden „ReaderScan“ und „Lesewert“ werden Scanstifte an Leser ausgegeben. Die Leser markieren, bis zu welcher Textstelle sie gelesen haben. Die Auswertung erfolgt täglich. Man kann während der mehrwöchigen Testphase Verbesserungen am Print-Produkt vornehmen. Durch diese Methode wurden Texte deutlich länger, weil man vorher unsicher war, bis zu welcher Textlänge überhaupt gelesen wird.
Eine andere Testmethode ist die Blickaufzeichnung. Hier werden Zeitungen in Print oder Online durch eine Messung des Blickverlaufs untersucht. Man kann sehen, in welcher Reihenfolge die Informationsaufnahme erfolgt und bis zu welcher Textstelle gelesen wird. Diese Tests erfolgen mit 20 bis 30 Personen. Bei dieser Methode zeigt sich immer wieder, dass Bilder sehr viel stärker beachtet werden als Texte5. Bilder bilden fast immer den Einstieg in einen Artikel und sind wichtige Blickpunkte auf einer Zeitungsseite. Schauen wir nun einmal auf die Trends:
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Die Zeitungen berichten ausführlicher, Texte werden länger
Überregionale Zeitungen haben von jeher lange Hintergrund-Stücke. Aber seit einigen Jahren pflegen auch Lokal- und Regionalzeitungen eine vertiefte Berichterstattung mit entsprechend längeren Texten. Es werden verstärkt Reporter eingesetzt, um Inhalte zu bieten, die selbst generiert sind. Die offizielle Mitteilung einer Gemeinde oder eines Vereins wird immer mehr zurück gedrängt gegenüber den selbst recherchierten Stoffen. So sollte es jedenfalls sein. Zeitungen in Skandinavien folgen von jeher diesem Trend. Zitat Carlo Imboden: „die Menschen interessierten sich nicht für Sparten- und Terminjournalismus, sondern für Geschichten, die sie betreffen oder betroffen machen6.“
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Titelseiten werden plakativer
Vor Jahren sollten Titelseiten möglichst 16 bis 20 Themen anreißen, damit der Leser einen Überblick bekommt und die Zeitung am Kiosk kauft. Um die Entwicklung bei der Titelseiten-Gestaltung zu sehen, vergleicht man am besten alte und neue Titelseiten. Die Katastrophen von Tschernobyl 1985 und Fukushima 2010 bieten Vergleichsmöglichkeiten7. Heute geht man davon aus, dass an Nachrichten interessierte Menschen durch das Web permanent informiert werden. Die Zeitung signalisiert darum auch auf der Titelseite: Hier gibt es andere Themen oder hier gibt es vertiefte Informationen. Beispielhaft sind die Berliner Zeitung und das Handelsblatt zu nennen.
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Zeitungen werden handlicher und zu täglichen Magazinen
In Deutschland wurde das Handelsblatt im Jahr 2004 erfolgreich auf das Tabloid-Format umgestellt. Tabloid-Format bedeutet halbes normales Zeitungsformat. Beim Handelsblatt wurde auf das halbe Nordische Format umgestellt. Zeitungen in ganz Europa haben auf dieses Format umgeschwenkt oder setzen es von jeher ein: The Times, Público, Kleine Zeitung, Libération, Svenska Dagbladet, Bergens Tidende, Luxemburger Wort, de Volkskrant, Het Parool, Trouw – die Aufzählung lässt sich beliebig fortsetzen. Nur in Deutschland und der Schweiz ist dieses Format nur bei wenigen Zeitungen im Einsatz. Zeitungen im Tabloid-Format werden meist im Bund geklammert. Dadurch rutschen die Seiten nicht mehr auseinander und man kann über die linke und rechte Seite layouten. Zeitungen im Tabloid-Format haben oft 48 bis 64 Seiten Umfang. Das entspricht 24 bis 32 Seiten im Vollformat. Dadurch konzentriert sich die Redaktion aufs Wesentliche und betont die eigene Stärke, die eigene Themenfindung. Beim Handelsblatt wurden beispielsweise offizielle Pressemeldungen von Firmen und allgemeine Nachrichten, die jede Zeitung hat, weggelassen zugunsten der selbst generierten Inhalte, die man exklusiv hat. Außerdem kann man mehr Personal in digitalen Medien einsetzen. Zudem lösen sich Zeitungsredaktionen vom Redaktionsschluss am Abend. Redaktionsschluss ist bei vielen drei Mal täglich: morgens früh, mittags und abends. Zu diesen Zeiten werden News-Websites aktualisiert.
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Zeitungen werden visueller und dadurch leichter verständlich
Wenn viele Alltags-Nachrichten im Web verbreitet werden, bleibt Platz für eine bessere Berichterstattung in Print. „Besser“ meint vertiefte Texte, aber auch die stärkere visuelle Präsentation der Inhalte. Der Foto-Anteil der Zeitungen steigt seit einigen Jahren, aber auch der Anteil an Infografiken. Natürlich bleibt die Zeitung ein Textmedium. Aber mehr und mehr Inhalte werden stärker visuell präsentiert. Es gibt derzeit den Trend, dass Tageszeitungen Art-Directoren einstellen. Gemeinsam mit Medien-Gestaltern ist es deren Aufgabe, die Inhalte besser lesbar und verständlicher zu präsentieren als es mit bloßem Text möglich wäre. Es wäre jedoch ein Irrtum anzunehmen, dass Gestalter dekorieren. Sie präsentieren vielmehr Nachrichten in visueller Form und sorgen dafür, dass Inhalte optimal übermittelt werden. Das kann durch Text geschehen, aber auch durch Fotos, Infografiken oder eine Kombination aus diesen Elementen.
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Zeitungen sind erfolgreich auf allen Medienkanälen präsent
Wie eingangs erwähnt, sind Zeitungen nicht nur in Print erfolgreich, sondern auch Online. Einige der größten News-Websites der Welt stammen von Zeitungen, und in vielen Ländern führen diese Websites die Listen der Nutzerzahlen an8. Beispiele aus einem weltweiten Ranking von News-Websites: Rang 4, New York Times, 13 The Guardian, 14 Times of India, 15 Washington Post, 23 the Independent. Aber Zeitungen bringen nicht nur schnelle Nachrichten ins Netz, sie produzieren auch Langstrecken, zum Beispiel Multimedia-Stories. Es ist eine Kombination aus Texten, Bildern, Filmen und animierten Infografiken, die genutzt werden, um Inhalte vertieft und noch besser als bisher zu übermitteln.
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Zeitungen versorgen die Leser 24 Stunden am Tag mit Informationen
Der Tag beginnt nicht unbedingt mit dem Konsum der gedruckten Zeitung. Viele Zeitungen bieten auch einen oft kostenlosen Morning-Newsletter an, der die wichtigsten Themen des Tages präsentiert. Besonders berühmt ist Checkpoint, der Newsletter des Tagesspiegels in Berlin. Inzwischen hat der Verlag kostenpflichtige weitere Newsletter zu einzelnen Themen und Stadtteilen gestartet. Vom Checkpoint gibt es eine kostenlose Kurzfassung und eine kostenpflichtige Langfassung.Podcasts sind ein weiteres Format. Die Audio-Dateien werden täglich übermittelt und man kann sich z.B. im Stau die Nachrichten und Meinungen der Zeitung in einem Podcast anhören. Berühmt war das 2018 gegründete Morning-Briefing von Gabor Steingart, dem damaligen Chefredakteur des Handelsblatts. Inzwischen hat er eine eigene Firma gegründet: mediapioneer.com. Von dieser Firma gibt es ebenfalls einen Podcast. Mediapioneer soll ein erfolgreiches neues Nachrichtenmedium aus Berlin werden. Der Axel Springer Verlag ist laut Werben & Verkaufen (WUV)9 strategischer Partner und Anteilseigner.Zeitungen begleiten die LeserInnen mehr und mehr im Alltag und im Idealfall versorgen sie sie rund um die Uhr mit wichtigen und interessanten Neuigkeiten. Das geschieht am besten mit einem Abonnement-System. Der Einzelverkauf von Texten und Nachrichten im Internet funktioniert nämlich nicht. Während man sich gerne Musiktitel für einen geringen Betrag kauft und immer wieder anhört, funktioniert der Verlauf von einzelnen Zeitungs-Artikeln nicht. Vermutlich, weil man sie nicht mehrmals lesen möchte. Bei entsprechenden Projekten kommen nur sehr geringe Einnahmen zustande.
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Zeitungen haben exklusive Inhalte in Print und Online
Die Massenware der täglichen Information gibt es bei vielen News-Websites kostenlos. Es gibt bei Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen Ansätze, eine Bezahlung der Inhalte zu verlangen, aber wer will, kann sich 24 Stunden am Tag kostenlos mit seriösen Zeitungsinhalten im Web versorgen.Daher suchen Zeitungen mehr und mehr nach exklusiven Inhalten, die kein anderes Medium hat. Dazu braucht man Journalistinnen und Journalisten mit kreativen Ideen. Es geht weniger um die Aufdeckung von Skandalen, sondern mehr um die Findung neuer inhaltlicher Ideen. Auch hier sind viele Verlage schon sehr aktiv. Der Feinstaubradar der Stuttgarter Zeitung ist nur ein Beispiel. Nutzer können stündlich die Feinstaubwerte in der Region Stuttgart sehen, wenn Sie dieses Tool einsetzen.
Das Grundproblem ist noch nicht gelöst
Das Grundproblem sind die rückläufigen Einnahmen aus Print und die noch nicht ausreichende Finanzierung aus dem Online-Bereich. Der Branchendienst www.meedia.de schreibt Ende 2019 zum Thema durchschnittliche Lesedauer pro Tag1: „Bei den 14- bis 29-jährigen stehen 2 Print-Minuten sogar 49 Online-Lese-Minuten gegenüber. Zahlen, die in Zukunft nun noch in Umsatz umgewandelt werden müssen.“ In Zukunft sind also genug junge Leser da, man muss sie nur davon überzeugen, für gute Inhalte auch zu bezahlen. Es ist ein Problem, das sich lösen lässt.
Die Corona-Krise zeigt den großen Bedarf der NutzerInnen an seriösen Informationen. Weiter unten finden Sie dazu eine Aktualisierung dieses Artikels.
Beispiele für Trends in Print und Online
Trend Titelseite: Auf der Titelseite der Berliner Zeitung vom 12. September 2018 sind deutlich weniger Themen angerissen als früher10 Ursache ist klar: Viele Leser folgen dem täglichen Nachrichtenstrom in den Social Media und benötigen andere oder vertiefte Informationen. Diesem Trend folgt die Zeitung, auf Seite 2 und 3 wird ein Thema vertieft behandelt.
Trend Cover und Coverstory: Das Handelsblatt vom 15./16./17. September 2017 zeigt verschiedene Trends: Die Titelseite wird zum Poster, denn freitags wird nur ein Thema plakativ präsentiert. Cover und Coverstory werden deutlich länger. Dieses Beispiel wird über zehn Seiten geführt, beginnend auf Seite 50. Die Zeitung wird zum Magazin mit deutlich aufgelockertem Layout.
Trend Visualisierung von Themen: Die Salzburger Nachrichten vom 22. August 2018, Seite 8-9, (Lokalteil) visualisieren das Thema Klimawandel, indem sie Wetterdaten aus der Region grafisch darstellen. Die kleinen Textblöcke enthalten Detail-Erklärungen.
Trend Foto-Reportage: Die Berliner Morgenpost vom 13. August 2018, Seite 18 und 19 illustriert die britische Sportart Bare-Knuckle – Boxen ohne Boxhandschuhe. Die linke Seite zeigt Boxer vor und nach dem Kampf. Die Fotos rechts geben einen Einblick in die Atmosphäre, die bei einem Kampf herrscht. Daraus folgt der Trend, dass mehr auf Fotografie zur Nachrichtenübermitlung gesetzt wird als früher. Zeitungen werden in Print und online visueller.
Trend Foto-Reportage: Adresseavisen zeigt auf zwei Doppelseiten einen Senioren-Leichtathletik-Wettbewerb. Die Story wird überwiegend mit Bildern erzählt. Eine Einleitung und Bildtexte begleiten die Fotos.
Trend Visual Storytelling: Die finnische Zeitung Karjalainen vom 22. September 2018, Seite B6-B9, zeigt im Lokalteil ein Hospital auf Rädern. Es wird von außen abgebildet, auf einer weiteren Doppelseite wird das Innere gezeigt und mit kleinen Textblöcken erläutert. Dem Thema werden also vier Seiten im Lokalteil gewidmet.
Trend Infografiken: Die Methode der Bildstatistik – Isotype genannt – und in den zwanziger Jahren von Otto Neurath in Wien entwickelt, wird bei dieser Doppelseite der Bild am Sonntag vom 1. Mai 2018, Seite 6-7, perfekt eingesetzt. Die 3.407 Mitarbeiter eines Bundesligaspiels werden im Vordergrund sogar in 3D-Ansicht abgebildet. Rechts ein Detail vergrößert.
Trend Infografiken: Die schweizer Zeitung Le Temps vom 21. Dezember 2017, Seite 12-13, zeigt Teile der nordafrikanischen Küste. Jeder rote Punkt symbolisiert ein Todesopfer. Zwischen dem 1.1.2005 und dem 18.12.2017 waren es 21.167 Tote. Die meisten Todesopfer gab es bei dem Versuch, die Insel Lampedusa zu erreichen.
Trend Infografiken: Die Schweizer Zeitung Le Temps vom 21. Dezember 2017, Seite 12-13, Detail.
Trend Multimedia-Reportage: Die in Barcelona erscheinende Tageszeitung Ara beschreibt in einer Multimedia-Reportage eine Rettungsaktion des Schiffes „Open Arms“, die am 15. März 2018 stattfand. Es ist eine Kombination aus Texten, animierten Infografiken und Videos. https://interactius.ara.cat/openarms/en (ohne Datumsangabe)
Trend Multimedia-Reportage: Die schwedische Zeitung Expressen befasst sich mit einem rätselhaften Mordfall: Olof Palme, der Ministerpräsident Schwedens, wurde 1986 ermordet. Unter dem Titel „Palmes sista steg“ – Palmes letzter Weg – werden seine letzten 412 Schritte rekonstruiert. Das geschieht auf sehr intelligente Weise, denn die LeserInnen können die Geschwindigkeit der Informations-Aufnahme selbst bestimmen und beispielsweise Bild- und Tondokumente hinzuschalten. https://www.expressen.se/nyheter/palmes-sista-steg/ (2016)
Trend Datenjournalismus: Die Stuttgarter Zeitung hat einen Feinstaubradar entwickelt. Die Zeitung schreibt dazu: „Mit dem Feinstaubalarm können Bürgerinnen und Bürger in der ganzen Region stündlich überprüfen, wie viel Feinstaub in der Luft ist – vor ihrer Haustür. Möglich wird das durch ein dichtes Netz von mehr als 300 Feinstaubsensoren.“ Der Feinstaubalarm wird ständig aktualisiert und ist nach wie vor aktiv. https://www.stuttgarter-zeitung.de/feinstaub (ohne Datumsangabe)
Trend Animationsfilm: Der Untergang der Estonia wird von Helsingin Sanomat als Animationsfilm inszeniert. Der Untergang geschah 1994. Die Animation wurde anlässlich eines Jahrestages produziert. https://dynamic.hs.fi/2014/estonia/ (2014)
Aktualisierung: Medien in der Corona-Krise
Medien gehören zu den Gewinnern der Corona-Krise, denn die Menschen suchten nach seriösen Quellen, um sich zu informieren. Wir haben hier ein paar aktuelle Forschungsergebnisse zusammengestellt.
Der Global Web Index11 zeigt beispielsweise, dass alle Verbrauchergruppen verstärkt an Abonnements interessiert sind. Dazu gehören nicht nur Netflix, Disney+, prime video usw., sondern auch klassische News-Medien wie The Washington Post, The New York Times, The Guardian, The Economist und die Financial Times. Ein Detailergebnis der Studie: 10 bis 15 % der Millenials erwägen, für ein Abonnement zu zahlen, das sie vor dem Ausbruch nicht hatten. Dabei geht es nicht um das Abonnement einer gedruckten Zeitung, sondern um den Rundum-Service eines Medienhauses.
Mediennutzung in Deutschland: Die Nutzung von Zeitungen und Zeitschriften steigt um 24 %. Dabei geht es sicher nicht nur um die gedruckte Zeitung, sondern um die Marke Zeitung als Nachrichtenquelle generell.
Digitaler Wandel verstärkt: Durch die Corona-Krise wird der digitale Wandel beschleunigt. Beispielsweise informierten sich 57 bis 69 % der Nutzer von Zeitungen ausschließlich online über die neuesten Entwicklungen in der Corona-Krise. Das ist ein gutes Zeichen, denn es zeigt sich, dass die seriöse Berichterstattung der Zeitungen von Print auf Online transferiert wird.
Fußnoten
1) https://meedia.de/2019/12/11/meedia-jahrbuch-2019-unbequeme-wahrheiten-ueber-die-deutsche-zeitungsbranche/ (12. November 2019)
2) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/72084/umfrage/verkaufte-auflage-von-tageszeitungen-in-deutschland/ (statista 2020)
3) https://meedia.de/2020/01/15/rekordjahr-die-new-york-times-verbucht-2019-eine-million-neue-digitalabonnenten/ (15. Januar 2020)
4) https://kress.de/news/detail/beitrag/142051-worauf-redakteure-in-lokal-und-regionalzeitungen-2019-achten-sollten.html (4. Februar 2019)
5) Zeitungsdesign und Leseforschung, Herausgeber International Editorial-Design & Research Forum, 2015, Seite 155 ff. ISBN 978-3-00-048574-9
6) drehscheibe+, Nr. 8, 2014, Seite 3
7) https://editorial-design.com/de/tschernobyl-1985-fukushima-2010/ (2012)
8) https://blog.feedspot.com/world_news_blogs/ (26. Januar 2020)
9) https://www.wuv.de/medien/gabor_steingart_gruendet_media_pioneer_mit_springer_an_seiner_seite (7. Mai 2019)
10) https://archiv.berliner-zeitung.de/berlin/fussball-wm-manche-dramen-aendern-sich-nie-1546536 Es wird unter anderem eine Titelseite von 1990 abgebildet, auf der 13 Themen sind und zusätzlich noch acht Überschriften links oben in einem Anrissfeld.
11) https://www.absatzwirtschaft.de/so-veraendert-corona-die-mediennutzung-172020/
Norbert Küpper
studierte an der FH Düsseldorf visuelle Kommunikation mit dem Abschluss Diplom-Designer. Von 1981 bis 2007 hatte er an dieser Hochschule einen Lehrauftrag für Zeitungsdesign. 1984 gründete er das Büro für Zeitungsdesign. Er hat seit dem mehr als 180 Zeitungen neugestaltet. Er arbeitet überwiegend im deutschen Sprachraum, hat aber auch Zeitungen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Polen, Tschechien, der Slowakei und Italien neugestaltet. 1989 und 2012 erforschte er das Leseverhalten mit einer Blickaufzeichnungs-Kamera. Ergebnisse sind auf der Website www.leseforschung.com und in dem Buch „Zeitungsdesign und Leseforschung“ dokumentiert. 1999 gründete er den European Newspaper Award, einen Wettbewerb zum Thema Zeitungsdesign und Konzept. 2019 fand der Wettbewerb zum 21. Mal statt. Dazu erscheint das Jahrbuch „Zeitungsdesign“. Im Jahr 2019 war er zu Gastvorlesungen an der ZHdK – Zürcher Hochschule der Künste – und an der Hochschule Augsburg eingeladen. Im Juni 2020 referierte er auf Einladung des dänischen Verlegerverbandes “Danske Media” in Kopenhagen über Zeitungstrends in Europa.