Logo Norbert Küpper hellblau

Wenn ich als Grafik-Designer Lebensmittel-Verpackungen betrachte, geht es mir in erster Linie um Lesbarkeit und Funktionalität. Ich habe hier eine Reihe von Verpackungen zusammengestellt, anhand derer man Probleme und Lösungen beim Verpackungsdesign sehen kann. Generell kann man sagen: Es gibt viel zu tun, denn viele Verpackungen sind nicht optimal gestaltet. Man folgt oft nicht den Regeln für Lesbarkeit und Funktionalität.

Logo-Typografie

Man könnte annehmen, dass die Typografie bei einer Verpackung neutral, sachlich und nüchtern ist. Das wäre aber nicht zielführend, denn mit der Gestaltung des Schriftzuges kann man schon eine Menge Aussagen machen, die die Nutzer automatisch aufnehmen, ohne darüber nachzudenken. Drei Beispiele:

Dr. Oetker Bistro Baguettes
Der Schriftzug ist eigens hergestellt worden. Hier wird keine vorhandene Schriftart für das Logo eingesetzt. Die Großbuchstaben wirken monumental, bedeutend. Sie stehen auf einem roten Untergrund, der durch den unteren Rand und die Schattierung als Markise eines Ladens erkennbar ist. Man sieht auch verschwommen im Hintergrund etwas von der Inneneinrichtung. Damit erklärt sich auch das Schild links, auf dem die Baguette-Sorte benannt wird. Das Schild steht quasi vor dem Laden. Der Name Bistro strahlt das französische Flair aus, das man mit dem Namen Baguette verbindet. Um den Großbuchstaben etwas von ihrer Monumentalität zu nehmen, werden sie etwas aufgelockert. Das B hat größere Bögen, das i ist ein Kleinbuchstabe und das S hat nach unten einen geschwungenen Bogen. Insgesamt ein gelungenes Logo. Das Markenzeichen Dr. Oetker ist etwas verloren oben angeklebt. Man hätte es auch geschickter platzieren können.

Elinas Joghurt
Dieser Joghurt ist relativ neu im Supermarkt. Ein Erfolgsgeheimnis könnte der milde Geschmack sein, der vermutlich mit einem hohen Fett- und Zuckeranteil erzielt wird. Der hier abgebildete Joghurt mit Honig hat 7,5 Prozent Fett und 16,2 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Das wird auf der Packung nicht groß thematisiert.
Für das Logo wird eine Schrift benutzt, die auch in ähnlicher Form bei griechischen Restaurants zu sehen ist: Eine Serifenlose, die etwas tanzt, weil die Buchstaben nicht exakt auf gleicher Höhe nebeneinander stehen. Außerdem ist beispielsweise das A unten links und rechts schräg abgeschnitten.
So wird außerdem noch eine griechische Anmutung erzeugt:
– Ein Ornament über und unter dem Schriftzug,
– Weiß und Blau wie Gebäude und Himmel in Griechenland,
– Illustration eines Tempels,
– Bodenfliesen mit Ornament,
– Joghurt mit Honig, denn diese Kombination kommt in deutschen Joghurts bisher so gut wie nicht vor.
Insgesamt eine sehr gelungene Arbeit, die noch durch eine gut durchdachte Website unterstützt wird: www.elinas.eu
Die Elemente, die auf der Verpackung zu sehen sind, werden auch konsequent im Webdesign eingesetzt.

Tuffi Frische Landmilch
Die hier verwendete gebrochene Schrift steht für Heimat und Tradition. Diese Schriftfamilie wird auch bei zahlreichen Biersorten eingesetzt und zum Beispiel beim Kräuterlikör Jägermeister. Oben und unten auf der Verpackung ist noch eine Bordüre aus blauen Blüten. Damit wird die bäuerliche Herkunft unterstrichen. Der weiße Hintergrund ist passend zur Milch und er steht auch für Reinheit, Sauberkeit, Hygiene.
Es hätte genügt, das Wort „Landmilch“ in der gebrochenen Schrift zu setzen. Die Worte „Frische“ darüber und „länger haltbar“ darunter hätte man auch in einer serifenlosen Schrift setzen können.
Auf der Website des Herstellers Tuffi findet man Verpackungen, bei denen der Bezug zur Heimat durch Namen wie Bauern Milch oder Heimat Milch hergestellt wird. Hier wird eine handschriftlich beeinflusste Schrift benutzt. https://www.tuffi.de/produkte/milch

Funktionalität

Beim Thema Funktionalität stehen diese Fragen im Vordergrund:
– Kann der Konsument erkennen, was angeboten wird?
– Ist der Name des Produkts und die Abbildung gut erkennbar?
– Gibt es gut lesbare, funktionale Hinweise zur Zubereitung?
– Sind Tabellen und andere Hinweise zum Produkt so gestaltet, dass man sie lesen kann?

Iglo Rosenkohl
Eine rundum gute Lösung, denn man kann das Produkt gut erkennen, man kann den Text lesen, es wird nicht zu viel Text eingesetzt. Das „Blubb“ hat man sich vom Spinat geliehen, ist aber hier auch richtig eingesetzt. Eine sehr schöne Idee: Man kann die Packung hoch- oder querformatig ins Kühlregal des Supermarktes stellen, je nach Platz. Kleiner Tipp: Hochformat wirkt immer dynamischer.

Bei den Service-Informationen schwächelt Iglo etwas. Man kann folgendes noch besser machen:
– Service-Telefone: Die Klammern zur optischen Gliederung kann man weglassen.
– Zubereitungs-Hinweise: Es wird eine leichte Schrift negativ auf dunkelgrünem Grund platziert. Besser: Es soll ja lesbar sein, darum schwarze Schrift auf weißem Grund.
Sehr gut ist, dass die Hinweise in Kochtopf und Mikrowelle gegliedert werden. Auch die beiden Icons sind sinnvoll. Wenn bei der Mikrowelle eine Zeitangabe ist, dann sollte sie beim Kochtopf auch stehen.

ja! Langkorn Spitzenreis
Die Verpackung ist gut gelungen, denn man kann mühelos sehen, dass es sich um Reis handelt. Die Reisähre auf rotem Grund ist eine sinnvolle Auflockerung. Auch die Mengenangabe rechts oben ist gut, denn der Konsument will ja wissen, wie viele Kochbeutel in der Packung sind. Der Text 4 x 2 ist gut, der deutlich kleinere Text „Portionen“ ist natürlich enttäuschend, denn es sind insgesamt vier Kochbeutel in der Packung und nicht 4 x 2.
Für den Namen Langkorn-Spitzenreis wurde eine serifenbetonte Schrift benutzt. Vermutlich werden viele Produkte des Labels ja! so beschriftet. Die Schrift wirkt neutral, sachlich, ohne weitere werbliche Hinweise.
Das Label ja! wurde links oben gut sichtbar aufgebracht. Es steht für preiswerte Produkte.
Tipp: Man sollte auch kurze Texte nicht in Großschreibung setzen, denn die ergeben keine wiedererkennbare Außenform. Das sehen Sie schon an diesem Beispiel: Langkorn oder LANGKORN. Langkorn hat einen Großbuchstaben und zwei Buchstaben mit Ober- oder Unterlängen. Schon hat man eine wiedererkennbare Außenform, die gut wiedererkennbar ist.

Service-Informationen:
Gut, dass man an der Seite das Logo und den Namen wiederholt.
Der Zubereitungs-Hinweis ist auch gut. Die Länge von 15 bis 20 Minuten hätte man auch wie den Kochtopf abbilden können. Die Nährwert-Angaben werden in einer condensten Schrift gesetzt. Das ist aber nicht gut lesbr und hier auch nicht nötig, denn es ist ja genug Platz vorhanden.

reis-fit
Die Frontseite hat alle Informationen, die man zum Kauf benötigt: Name der Reissorte, Anzahl der Kochbeutel, Zubereitungsdauer. Die Abbildung zeigt das Ergebnis. Etwas merkwürdig ist, dass das Foto teilweise von der Beschriftung abgedeckt wird.
Die Farbkombination Gelb-Blau bildet einen guten Kontrast und ist nicht oft anzutreffen. Es ist sowohl ein Kalt-Warm- als auch Hell-Dunkel-Kontrast. Wiedererkennbarkeit im Supermarkt-Regal ist gegeben. Das Logo reis-fit ist gut platziert, die Größe stimmt und es ist gut lesbar.
Die illustrierten Reis-Ähren wirken auflockernd und erzeugen einen gesunden, naturverbundenen Eindruck.

Auf der Rückseite wird das gelbe Band oben aufgegriffen. Man hätte es ruhig über die gesamte Breite führen sollen.
Viel Platz nimmt ein Text ein, mit dem man sich an die Käufer wendet. Den wird man nur lesen, wenn man viel Zeit hat.
Zubereitung: Rechts sind die vier Schritte aufgelistet, mit denen man zum Wohlfühl-Reis kommt. Abbildungen und Texte ergänzen sich. Funktionale und gut lesbare Anweisungen.

Pfanni Semmel-Knödel
Pfanni Semmel-Knödel sind Klassiker durch und durch. Das Logo ist so rund wie ein Knödel und die rote Farbe macht es auf der Packung gut sichtbar. Die Frontseite ist gut, fraglich ist nur, ob man links im Hintergrund die Semmeln braucht. Die Schrift für die Unterzeile „Der Klassiker“ passt nicht so recht zur Schrift für Semmel-Knödel.

Die Service-Informationen sind sehr gut aufbereitet, denn man folgt hier der Devise: Show, don‘t tell. Das bedeutet, dass man Illustrationen odr fotografien einsetzt und auf erklärenden Text verzichtet oder wie hier den Text mit entsprechenden Abbildungen unterstützt. Die Zubereitung wird ganz klar in drei Abschnitte unterteilt. Jeder Abschnitt hat eine Nummer und eine Abbildung. Zusätzlich wird die Vorgehensweise in Textblöcken erklärt. Einziges Detailproblem: Die Schrift ist condensed und damit nicht so gut lesbar wie eine normal laufende Schrift.

Funktionalität bei Plastikbeuteln

Eine wichtige Grundinformation wird beim Entwurfs-Prozess meist nicht beachtet: Kunststoffbeutel glänzen normalerweise. Darum kann man den Text oft nicht gut lesen. Wenn noch weitere Faktoren dazu kommen, sind wichtige Service- und Zubereitungs-Informationen unlesbar. Faktoreb, die die Lesbarkeit beeinträchtigen sind: negative Schrift auf dunklem Untergrund, Text in Großschreibung, Schrift condensed.

bofrost
Links sieht man ein Original-Foto. So betrachtet der Nutzer den Text auf der Folie. Rechts sind die Lichtreflexe ausgeblendet.
Gut: Die Zubereitungs-Hinweise sind tabellarisch angeordnet. Zubereitung im Kochtopf und in der Mikrowelle werden mit Abbildungen erläutert. Der Text ist in drei Sprachen. Das Problem wird gut bewältigt, denn links vor jedem Textblock ist eine kleine Landes-Kennzeichnung.
Bei den Nährwertangaben gibt man diese klare Gliederung auf und schreibt die drei Sprachen direkt hintereinander. Besser: Jeder Sprache eine eigene Zeile geben.
Lesbarkeit: Schwarze Schrift auf hellem Beigeton ist vertretbar. Statt Mittelachse in der Tabelle besser den Text linksbündig setzen.

Edeka
Es ist immer eine gute und naheliegende Lösung, den Text in einer schwarzen Schrift auf weißem Grund zu setzen. Bei diesem Beispiel hätte man auch die Überschriften so setzen sollen. Man sieht hier sehr gut, wie schlecht lesbar die negative Form der Überschriften in Großbuchstaben ist.

Edeka Blumenkohl, tiefgefroren
Es sind weiße Blöcke auf orangefarbigem Grund. Durch die kastenförmigen Unterlegungen wird der Text übersichtlich gegliedert. Vor den Überschriften in Großbuchstaben stehen kleine Piktogramme, die zu klein sind, um erkennbar zu sein. Besser: Schrift schwarz drucken.

Eismann
Nicht gut:
– Weiße Schrift auf dunklem Grund ist nahezu unlesbar.
– Abbildungen: Links ist eine Bratpfanne und ein Ventilator zu sehen. Es fehlt aber die Zuordnung zu einem Text.
– Der Text wird in vier Sprachen gebracht. Die Kennzeichnung der jeweiligen Sprache ist zu klein.
– Es sind drei Zubereitungsarten und einige Hinweise zur Hygiene bei Geflügel vorhanden. Es fehlt die nötige Gliederung in den Texten.
Insgesamt sehr unübersichtlich und schlecht lesbar.

Eismann
Die Rückseite einer Packung ist dunkelgrau gehalten. Darin wird oben in weißer Schrift der Inhalt beschrieben. Es sind vier Sprachen. Das wirkt durch das Grau deprimierend und ist sehr schlecht lesbar.

Zubereitungs-Hinweise:
Schwarze Schrift auf gelbem Grund ist gut lesbar.
Die Pfanne und der Ventilator stehen auch bei dieser Lösung ohne Zuordnung neben dem Text. Es gibt drei Zubereitungsarten und einen Hinweis in insgesamt vier Sprachen.

ja! Blumenkohl
Es ist so einfach: Dunkle Schrift auf weißem Grund ist gut zu lesen. Hier ist auch der Grundtext gut lesbar. Kochtopf und Mikrowelle stehen an den richtigen Stellen im Text.
Gratulation an ja! von Rewe!

Verpackungs-Relaunch

Die Neugestaltung einer Verpackung ist immer eine heikle Sache. Auch wenn sich innerhalb einer Firma alle Beteiligten einig sind, dass eine Verpackung erneuert werden muss: Die Endverbraucher hängen meist an der bisherigen Gestaltung und reagieren oft verstimmt auf größere Änderungen. Der Trick ist, schrittweise vorzugehen und so lange am Design zu arbeiten, bis man sein Ziel erreicht hat. Das kann sich durchaus über mehrere Etappen hinziehen.

iglo Schlemmerfilet
Bei diesem Relaunch wurde Käpt‘n Iglo verjüngt. Das Iglo-Logo und der Text wurde etwas verkleinert. Ansonsten ist die Verpackung nicht angetastet worden. Gute Lösung.

Käpt‘n Iglo: Vom Icon zum Storytelling
Was ist mit Käpt‘n Iglo passiert? Links sieht man das Original. Ein netter älterer Herr mit weißem Rollkragen-Pullover. In der Überarbeitung wurde der Käpt‘n deutlich jünger. Er hat einen wilderen Bartwuchs und im Hintergrund ist die bewegte See und ein Seevogel zu sehen. Dieser Käpt‘n fängt offensichtlich den Fisch in der offenen See. Man sieht: so wird aus einem Icon eine Story.

Von Uncle Ben‘s zu Ben‘s Original
Irgendwann war Uncle Ben nicht mehr tragbar. Er war offenbar ein Überbleibsel der Sklaverei. Darum wurde er komplett entfernt. Gleichzeitig wurde die Verpackung insgesamt überarbeitet. Auf der alten Verpackung ist es eine orangefarbene Fläche mit senkrechten gelben Streifen. In der Neugestaltung ist es nur noch eine orangefarbene Fläche. Die Verpackung wurde vereinfacht, aber die Streifen waren schon ein gutes Mittel zur Unterscheidung von anderen Produkten: ein Alleinstellungs-Merkmal.

Rückseite Ben‘s
Bei der bisherigen Rückseite wurden die drei Schritte der Zubereitung visuell unsterstützt: Kochen, abtropfen, servieren – diese Schritte werden abgebildet und zusätzlich im Text beschrieben. In der Neugestaltung werden nur die Zahlen hervorgehoben. Mit Abbildungen wäre der Text leichter verständlich gewesen.

Barilla
Die berühmte Nudelmarke macht Veränderungen in kleinen Schritten. Vor der Neugestaltung hatte jede Packung ein Fenster. Der Kunde konnte genau sehen, welche Nudelsorte in der Packung war. In der Neugestaltung entfällt dieser Service. Kunden, die die Marke nicht kennen, sind ratlos bei der Auswahl.
Die neue Packung zeigt das Logo unterlegt mit Nudeln, die aus dem Nichts hervorstechen. Eine steht sogar vor dem Logo, wodurch ein spannender Drei-D-Effekt entsteht.
Was man nicht sehen kann: Auf der neuen Packung steht rote Schrift auf dunkelblauem Grund. Schlecht lesbar. Der wissenschaftliche Begriff lautet: mangelnde Figur-Grund-Differenzierung.

Rückseite Barilla
Bei der älteren Form wird ein langatmiger Werbespruch gebracht. Bei der Neugestaltung werden vier Textblöcke mit jeweils eigener Überschrift präsentiert. In der Mitte sind gebündelte Ähren. Ein Hinweis auf einen wichtigen Betandteil von Barilla-Nudeln: Hartweizen. In einem der Textblöcke wird erläutert, warum das Plastikfenster entfernt wurde: Jährlich werden 126.000 KG Kunststoff eingespart.

Seitenflächen Barilla
Auf den beiden oben abgebildeten Seiten versucht man, die Zubereitung durch Abbildungen zu beschreiben. Beim älteren Beispiel sind die Abbildungen zu klein. Bei der neugetalteten Version sind die Abbildungen ebenfalls zu klein und man versteht nicht, was man machen soll.
Neben den vier kleinen Abbildungen steht offensichtlich ein Kochtopf. Es ist aber nur eine Grafik, die zeigen soll, dass man die Verpackung recylen soll. Hier wäre ein einfacher Hinweis, dass die leere Pappschachtel ins Alpapier gehört, sinnvoller gewesen.
Die andere Seite der Verpackung zeigt rechts eine Linie mit einem Punkt davor. Bei der älteren Version wird dem Verbraucher klar, dass diese Nudel nicht hohl ist. Bei der neuen Version steht drunter: Echte Größe der Pasta. Damit versucht man den Verlust des Kunststofffensters wieder auszubügeln.
Das ovale Logo war im alten Zustand besser zu erkennen, weil der weiße Hintergrund es besser vom Untergrund abgehoben hat.

Bahlsen
Bei diesem Kekshersteller wurde eine große Neugestaltung durchgeführt. Die Kekse blieben gleich, aber bei den Packungen wurde einiges geändert.
Besonders auffallend ist der große Schriftzug im Hintergrund. Er wird als Dekor-Element eingesetzt, das im Supermarkt-Regal durch die Wiederholung der nebeneinander stehenden Packungen sehr auffällig ist. So sieht keine andere Keksverpackung aus. Der weiße Hintergurnd ist auch sehr gut, denn die Packungen heben sich sehr gut vom Untergrund ab und sind deutlich sichtbar.
Das Frischesiegel TET links ist ebenfalls ein interessantes Element, das allerdings nur aufgedruckt wurde und nicht wirklich als Siegel funktioniert.
Es ist naheliegend, die Kekse in der jeweiligen Packung auch außen abzubilden, aber es ist keine unverwechselbar Idee. Die Konkurrenz macht ähnliche Kekse und ähnliche Fotos. Die Abbildung eines einzigen Kekses in der Mitte ist schon innovativ und unverwechselbar.
Typografie: Links oberhalb des Kekses ist ein Text in einem Kreis. Ein Spiel, dass der Verbraucher nicht mitmachen wird. In dem Kreis wird zweimal geschrieben: Edelherbe Schokolade. Besser: Diesen Hinweis waagerecht und lesbar platzieren.
Die Beschreibung „Feine Waffelblätter mit viel Schokolade“ im Original war durchaus sinnvoll für Kunden, die das Produkt nicht kennen.

Die Neugestaltung der Bahlsen-Verpackungen ist insgesamt gelungen, aber es gibt Detailprobleme, wie Text im Rundsatz oder überflüssige Elemente, die nicht gut lesbar sind.

Rückseite Bahlsen
Durch den weißen Untergrund wird der Text gut lesbar. Hier sieht man in der Mitte die Rückseite des Kekses, der auf der Vorderseite abgebildet ist. Gute Idee.
Gag am Rande: Im Zuge der Neugestaltung wurde der Inhalt dieser Kekssorte von 130 auf 97 Gramm reduziert. Sicher ein Beitrag zur Gewichtsreduktion der Käufer. Die sind hoffentlich dankbar für diesen Service!

Wagner Flammkuchen
Bei der alten Version wurde das Logo relativ klein oben links platziert. Bei der Neugestaltung geht der Schriftzug Wagner über die volle Breite der Packung. Die serifenbetonte Schrift unterstreicht, dass diese Produkte herzhaft, nahrhaft, bodenständig sind. Der Pizzaschieber scheint ein wichtiges Merkmal der Firma zu sein, denn er wird auch in der Neugestaltung eingesetzt.
Bei der alten Version steht die Sorte rechts hochkant gestellt, bei der neuen besser lesbar waagerecht links. Man sollte Texte nicht senkrecht stellen, weil dadurch die Lesbarkeit beeinträchtigt wird.
Das Foto des Flammkuchens ist in der Neugestaltung besser erkennbar, weil es nicht durch einen Text in zwei Teile geteilt wird.

Rückseite Wagner Flammkuchen
Bei der älteren Version wirkt die Rückseite, als hätte man immer wieder Aktualisierungen und Ergänzungen gemacht. Eine Überarbeitung war dringend erforderlich.
Die neugestaltete Rückseite ist besser gegliedert. Die Zubereitungs-Hinweise sind nummeriert. Der Text wird durch Abbildungen unterstützt. Die Schrift ist auf dem hellen Untergrund gut lesbar. „Zubereitungsanweisung“ hört sich sehr bürokratisch an. „Hinweise zur Zubereitung“ klingt etwas freundlicher.
Auch die neugestaltete Rückseite hat einige Probleme. Sie wirkt immer noch überladen und es wird eine Menge Text weiß auf dunkelblauem Grund präsentiert. Die tanzenden Mülltonnen unten zeigen Ansätze für die nächste Neugestaltung. Regel: Text niemals negativ auf dunklen Untergrund stellen.

Verpackungs-Trends

Es entstehen immer mehr und immer größere Supermärkte. Dadurch hat man auch mehr Platz für neue Produkte. Bekannte Firmen fächern ihre Produktpalette auf und kreieren immer neue Varianten. Es gibt aber auch Start-Ups, die ihr Glück mit innovativen Produkten im Supermarkt-Regal versuchen.

Youcook
Die Fertigmahlzeiten von Youcook stehen im Kühlregal und fallen auf durch die ungewöhnlich geformte Verpackung. Sie ist quadratisch und verjüngt sich nach unten.
Die Verpackung ist innovativ, aber die Gestaltung ist konventionell, denn die Fotografien und die Typografie sind in ähnlicher Weise bei vielen anderen Produkten zu finden.

Jahrgangs-Sardinen
Es ist eine kleine Blechdose mit Sardinen für die Firma Ghorban, die hier perfekt verpackt wird. Es wird eine Sardine als Illustration abgebildet. Durch die Illustration wird der Text teilweise abgedeckt. Die Lesbarkeit bleibt trotzdem erhalten. Sehr wertiger, teurer Gesamt-Eindruck, der durch die Reduktion aufs Wesentliche erzielt wird. Der Metallic-Prägedruck des Firmennamens ist nicht überzeugend, denn der Effekt ist kaum wahrzunehmen, weil das Logo zu klein abgebildet wird. Besser: Metallic-Prägung großflächiger einsetzen.

Eismann
Die Verpackung für Ravioli ist sehr innovativ, denn normalerweise erwartet man in einem Beutel ein eher preiswertes Massenprodukt. Hier wird ein deutlich teureres Segment angestrebt, was durch das Design verdeutlicht wird.
Die Ravioli werden von oben fotografiert. Das Foto ist von Illustrationen umgeben, die die verwendeten Zutaten Gorgonzola und Birne in idealisierter Weise abbilden. Insgesamt ein sehr innovatives Verpackungs-Design. Die Firma Eismann will offenbar weg vom Massenmarkt hin zu exklusiven Tiefkühl-Produkten, die nicht in jedem Supermarkt Kühlfach liegen.

Frosta
Diese Firma macht einiges sehr gut:
Die Verpackung ist weiß. Dadurch fällt sie im Kühlregal positiv auf.
Die Verpackung ist matt. Dadurch ist der Text viel besser lesbar als bei anderen Folienverpackungen.
Die Frontseite ist sehr übersichtlich gestaltet. Das Foto zeigt, was in der Packung ist. Der Text enthält keine unnötigen Informationen. „Weniger ist mehr“ – diese alte Weisheit wird hier perfekt umgesetzt.

Frosta Rückseite
Es ist eine Menge Information, aber die wird durch klar gegliederte Textblöcke für den Verbraucher sehr übersichtlich präsentiert.

Insgesamt: Die Lebensmittel-Branche ist in Bewegung und damit sind auch Verpackungs-Innovationen verbunden. Ein weites Feld für Verpackungsdesign öffnet sich und es gibt viele Chancen zur Verbesserung vorhandener Produkte und zur Kreation neuer Verpackungen für immer neue Produkte. Viel Erfolg damit!

Checkliste Lesbarkeit

– Gut lesbar ist schwarzer Text auf weißem Hintergrund. Darum weißen Text auf dunklem Hintergrund vermeiden.
– Texte in Großbuchstaben sind schlecht lesbar, denn alle Worte sehen gleich aus und sind damit schlecht unterscheidbar. Darum Texte immer in Groß- und Kleinschreibung setzen.
– Text steht waagerecht und wird von links nach rechts gelesen. Darum sollte man Text nicht schräg oder gar senkrecht stellen.
– Gut lesbar sind Schriften, die normal breit laufen. Darum sollte man keine schmal oder breit laufenden Schriften verwenden. Besonders schmal laufende Schriften beeinträchtigen die Lesbarkeit.
– Handschriftliche Schriften nur für einzelne Worte einsetzen, denn längere Texte aus diesen Schriften kann man nicht gut lesen.
– Lange ungegliederte Textblöcke sollte man vermeiden, weil auf Verpackungen meist nur kurze Erklärungen oder Hinweise zur Zubereitung stehen.
– Texte wenn immer möglich durch Absätze und/oder Aufzählungen gliedern.
– Abbildungen können in vielen Fällen einen Text ergänzen oder auch ganz ersetzen. Die Devise heißt „Show don‘t tell“.

Über den Autor

Norbert Küpper ist Editorial-Designer und Leseforscher. Er hat visuelle Kommunikation an der Fachhochschule Düsseldorf studiert. Nach dem Abschluß seines Studiums hatte er dort einen Lehrauftrag für Typografie. Er hat mehr als 180 Zeitungen neugestaltet und in mehreren Blickaufzeichnungs-Studien erforscht, wie Zeitungen in Print und Online genutzt werden.
Er hat einen Blog mit dem Namen „Layouttipp“, bei dem es um Zeitungsdesign geht. Die gleichnamige Kolumne erschien von 1989 bis 2020 im Medium Magazin. Jetzt ist sie hier:
https://editorial-design.com/de/layouttipp/
Um über seine Tätigkeit und Erfahrungen zu berichten, wird er auch zu Vorträgen eingeladen, zum Beispiel 2022 als Keynote-Speaker beim Jahrestreffen der SGKM – Swiss Society for Communication and Media Studies – mit dem Thema „The visual and audiovisual turn in the age of screen media“.